von Köck

Wie ein junges Juwelierpaar eine ganze Branche entstaubt und sich gleichzeitig gegen die Vereinheitlichung des Stadtbildes stemmt.

von Köck

project: Jewellery Shop von Köck
type: shop
client: von Köck
location: Vienna
time: 2023
photos: Dimitar Gamizov/smartvoll

Das Juwelierunternehmen Von Köck hat seine Boutique im Herzen von Wien einer eindrucksvollen Neugestaltung unterzogen, um seinen Kunden ein persönliches und exklusives Einkaufserlebnis zu bieten. Das innovative Konzept, das den Begriff „Exklusivität“ als den individuellen Ausdruck der Kunden übersetzt und die kunstvoll gefertigten Schmuckstücke in den Mittelpunkt stellt, wird durch eine ebenenübergreifende Raumskulptur interpretiert.

Die erstklassige Lage am Graben, einer der geschichtsträchtigsten Einkaufsstraßen Wiens, bietet der Boutique Von Köck bereits in zweiter Generation eine elegante und traditionsreiche Bühne. Der Graben bildet gemeinsam mit der Kärntner Straße und dem Kohlmarkt das sogenannte „Goldene U des Wiener Handels“. Diese Promenade hat bereits seit der Römerzeit als örtlicher Marktplatz gedient. Das heute noch existierende Wäschegeschäft „Zur schwäbischen Jungfrau“ wurde 1720 gegründet und ist bildete seither gemeinsam mit vielen anderen lokalen Einzelunternehmen das historisch verankerte Rückgrat der heutigen Einkaufsmeile.

Umringt von diesen uniformen Auslagen sticht die Boutique Von Köck durch ihr feinfühliges Designkonzept deutlich heraus. Das offen transparente und schwellenlose Portal des Straßenlokals wirkt im städtebaulichen Kontext wie eine natürliche Erweiterung des Stadtraumes selbst. Gleichzeitig ist es eine klare Ansage an die Juwelierbranche, die bereits vor den Fort-Knox-artigen Eingängen potente Kunden von geduldeten Schaulustigen unterscheidet. In der neuen Boutique von Köck hingegen ist jeder herzlich willkommen und das drückt sie auch mit jeder Faser aus.

Der Innenraum wird durch eine zweigeschossige Raumskulptur geprägt – dem Baum. Der Baum ist im Grunde ein Filter der zum einen die Erschließung als Frequenzzone und zum anderen die intimen Beratungslogen als Rückzugszone, sanft zoniert. Das Geschäft präsentiert sich so als raumgreifendes Stadtmöbel, das Vertrauen, Nähe und Charakter ausstrahlt. Weiche Materialien, raumhohe Vorhänge und eine gepolsterte Brüstung schaffen gemeinsam mit den warmen Holzoberflächen eine vertraute, einladende Atmosphäre, die dem Kunden im Grunde zwei Kernbotschaften vermittelt: „Ich bin für dich da, und nur für dich.“ und „Ich nehme mir für dich Zeit, und nur für dich.“

Mit dem Einsetzen des Individualverkehrs wandelte sich jedoch das Stadtbild vom lebhaften Straßenraum zur stark befahrenen Verkehrsfläche. Die Flaneure und auch Kunden blieben damit zunehmend aus und der ehemalige Glanz ging unter tosendem Motorenlärm, Abgasen und Verkehrsinfarkten nahezu unter. Erst mit dem Bau der U-Bahnstation Stephansplatz im Jahr 1973 und der Umgestaltung des Grabens vom Verkehrsknotenpunkt zur Fußgängerzone erhielt die Promenade allmählich wieder ihr historisches Flair und ihre Eleganz zurück.

Mit dem Aufstieg der Wirtschaft im späten 20. Jahrhundert drängten immer mehr globale Marken in die Innenstädte Europas und verdrängten damit die lokale Eigenheit an unterschiedlichen Detailläden und traditionellen Familienbetrieben. Die Zentrumszonen wurden zunehmend von Fast-Food-Giganten, Kaffeehausketten und den Einkaufshallen großer Luxusmarken dominiert, die die einstige Vielfalt der Innenstädte langsam in einen generischen Einheitsbrei verwandelten.

Im Untergeschoß fällt das Licht wie durch ein Blätterdach gefiltert durch die Raumskulptur. Durch die großzügigen Lufträume bieten sich immer wieder Ausblicke auf die belebte Einkaufsstraße, die gegenüberliegenden historischen Häuserfassaden und die funkelnden Schmuckstücke in der Auslage. Vom Verkaufsraum aus ist auch die Arbeit der Uhrmacher zu beobachten, die in einer eingelassenen Nische kleinere Reparaturen und Änderungen durchführen.

Ebenso deutlich wird die Wertigkeit sorgfältiger Handwerkskunst an der präzise gefertigten zentralen Raumfigur. Die geschwungenen Formen folgen dem natürlichen Bewegungsfluss und wurden sorgfältig von Tischlerhand gefertigt, gebogen und vor Ort gefügt. Die natürliche Maserung und spürbare Haptik des Holzes unterstreichen die organische Formgebung und lenken auf unaufdringliche Weise den Blick im Raum. Die Beratungsnischen, die sich aus dem umlaufenden Polsterband entfalten, vermitteln eine vertraute Wohlfühlatmosphäre und das fein ziselierte Mobiliar wirkt nicht wie eine Geschäftseinrichtung, sondern eher wie sorgfältig platzierte Möbel in den eigenen vier Wänden.

Die Neugestaltung des Juweliergeschäftes am Graben verkörpert in einer großen Geste die Philosophie, den Qualitätsanspruch und die klare Vision von Felix Köck und Nattaya Englinger, die nun in den Fußstapfen von Felix‘ Vater die Geschicke des Familienunternehmens lenken. Sie setzt damit ein deutliches Zeichen gegen die Uniformität der künstlich aufgeladenen Mediokratie und hat Transparenz nicht nur in der Architektur zu einem inhaltlichen Mantra gemacht. Von der Verfolgbarkeit aller Diamanten zum eigentlichen Ausdruck des Geschäftes als große Willkommensgeste, entwickelt die neue Von Köck Boutique eine Traditionsbranche weiter und haucht ihr damit frischen Wind ein.